Die lumbale Sympathikolyse ist durch die CT-Kontrolle zu einer Standardtherapie bei der Behandlung von peripheren arteriellen Durchblutungsstörungen geworden. Die beste Indikation ist im Stadium III nach Fontaine gegeben. Aber auch im Stadium IIb liegt bei schlechter Ausstrombahn, besonders in Kombination mit gefäßchirurgischen Eingriffen oder Angioplastie, eine gute Indikation vor. Die Nebenwirkungen sind wegen der hohen Präzision der CT-Steuerung geringer, zusätzlich ist nur eine Lokalanästhesie erforderlich, sodass in vielen Fällen eine ambulante Therapie erfolgen kann.
1899 wurde die erste operative Sympathektomie von Jaboulay beschrieben [4]. Die erste paravertebrale chemische Sympathikusausschaltung wurde 1926 von Swetlow [12] mit 85 Prozent Alkohol durchgeführt. 1949 legte Haxton [2] seine Ergebnisse nach lumbaler Sympathikus-Ausschaltung mit Phenol bei 220 Patienten vor. Die erste diagnostische Punktion am Computertomographen führte 1976 John Haaga [3] durch. Durch die Computer-Tomographie (CT) und die Kernspintomographie (MRT) ist neben der dreidimensionalen Darstellung von Körperstrukturen auch bei pathologischer Anatomie die Punktion kleinster Regionen und Nerven möglich. Durch den Einsatz dieser Technologie lassen sich Genauigkeit und Ergebnisse bei gleichzeitiger Reduktion der Komplikationen verbessern. Die Methode hat Einzug in die Routinebehandlung der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit gehalten.
Der lumbale Sympathikus besteht aus drei bis vier Ganglienpaaren, die in einem "Bermuda-Dreieck", gebildet aus der Vorderkante der Wirbelkörper rechts und links der großen Gefäße und der Mm. psoas, im Fettgewebe liegen (Abb. 5, 6). Die Rami communicantes verbinden die Ganglien strickleiterartig sowohl nach kranio-kaudal als auch von links nach rechts (Abb. 7). Eine weitere Umschaltung erfolgt über die Rami albi, die durch das Foramen neben den Segmentnerven zum Duralsack verlaufen und dann im Rückenmark weitergeleitet werden. Durch den Verlauf im Foramen erklärt sich, dass es bei einem Bandscheibenvorfall mit Kompression der Sympathikusfasern zu einem "kalten Bein" auch mit Ödemen kommen kann.
Bei umschriebenen peripheren Verschlüssen kann mit einer hohen Erfolgsrate gerechnet werden. Als gute Indikationen zählen Verschlüsse der Unterschenkel- und Fußarterien auch bei kombinierten Oberschenkelverschlüssen. Trophische periphere Ulcera sind durch die Lumbale Sympathektomie (LS) ebenso wie Nekrosen der Zehen zu behandeln. Wir führen die LS als zusätzliche Maßnahme nach Gefäßoperationen der Oberschenkel- und Kniearterien sowie nach Angioplastie durch, wenn die Ausstrombahn insuffizient ist. Bei den Gefäßerkrankten lag die Indikationsstellung durch Gefäßchirurgen beziehungsweise Angiologen nach Untersuchung einschließlich Dopplersonographie und Angiographie zugrunde.
Gerinnungsstörungen mit Thrombozytenwerten unter 50.000 und Quickwerten unter 50 Prozent sollten vor Therapie ausgeglichen werden. Als Kontraindikation zur CT-gesteuerten LS sehen wir unbehandelte aorto-iliacale Stenosen und Verschlüsse an. Die LS kann in diesem Fall eine Verschlechterung der peripheren Durchblutung durch Absenken des Blutdrucks bei mangelndem Angebot bewirken.
Die CT-gesteuerte LS wird in Lokalanästesie durchgeführt. In Bauchlage werden nach Gabe von 0,7 bis ein Milliliter Kontrastmittel pro Kilogramm Körpergewicht die Ureteren und Gefäße dargestellt. Nach Lokalisation der sympathischen Ganglien wird die Einstichstelle, der Stichwinkel und der Abstand zur Haut bestimmt (Abb. 8). Nach Lokalanästhesie der Haut und des M. iliocostalis wird eine 22 bis 23 G Nadel mit Mandrin durch den M. psoas zum Ganglion vorgeschoben (Abb. 3, 9). Danach erfolgt eine erneute Lokalanästesie. Etwa ein Milliliter Kontrastmittel wird nun injiziert, um die Verteilung am Sympathikus zu prüfen (Abb. 7). Zur Ausschaltung des Sympathikus sind bei exakter Positionierung der Nadelspitze nur drei Milliliter 96prozentigen Alkohols erforderlich. Vor jedem Einzelschritt wird ein CT-Kontrollschnitt angefertigt. Die Injektion von Alkohol in den Psoas sowie unmittelbar an den Ureter muss vermieden werden. Zum Abschluss erfolgt eine Kontrolluntersuchung zur Dokumentation der Alkoholverteilung (Abb. 3).
Die Sympathektomie wurde von 1986 bis 1990 an einem Somatom DRG durchgeführt. Seit 1990 wurde ein neu entwickeltes Somatom Plus ICT (Interventioneller Computertomograph) und 1991 ein Somatom Plus S ICT eingesetzt. Seit 1996 werden diese Eingriffe auch am Prototypen eines Somatom Plus 4 C.A.R.E. Vision im Real-Time-Verfahren durchgeführt (Abb. 1a, b). In diesem Gerät ist eine kontinuierliche CT-Fluoroskopie mit sechs Bildern pro Sekunde möglich, was zu einer deutlichen Beschleunigung der CT-Interventionen führt [11].
In den Jahren 1986 bis 1997 wurden insgesamt über 1.600 Patienten mit einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit oder Raynaud-Syndrom der unteren Extremität mit einer CT-gesteuerten LS in unserem Institut behandelt. Die Altersverteilung zeigt einen Gipfel bei 65 Jahren. Der älteste Patient war 94 Jahre alt der jüngste 14. Bei den Stadien nach Fontaine war Stadium III am häufigsten vertreten. Die Auswertung der Ergebnisse beschränkt sich auf 430 Patienten der Jahre 1986 bis 1988 (Grafik 1). 20 Prozent der Patienten waren Diabetiker.
Bei 75 Prozent der Patienten trat nach CT-gesteuerter LS eine deutliche Durchblutungs-Steigerung der Haut ein. 85 Prozent der Patienten spürten diese Erwärmung sofort während der Untersuchung. Bei 66 Prozent fand sich eine Verbesserung der Gehstrecke. Der beste Effekt ließ sich erst nach intensivem Gehtraining nach ungefähr sechs bis acht Wochen erzielen. Bei 45 Prozent der Patienten mit Stadium IV bildeten die Nekrosen sich vollständig zurück. 82 Prozent der Patienten bestätigten eine subjektive Besserung nach der CT-gesteuerten LS. Bei diesen Patienten kam es nach lumbaler Sympathektomie häufig zu einer Verbesserung des Stadiums. Besonders oft profitierten Patienten im Stadium III (Grafiken 2, 3). Die Patienten mit Diabetes zeigten keine signifikanten Unterschiede beim Ansprechen auf die Therapie. Bei 18,5 Prozent der Patienten wurde eine sekundäre Amputation innerhalb der ersten beiden Jahre nach LS vorgenommen. Wogegen Oberschenkelamputationen als Misserfolg nach LS gelten müssen, konnte bei unseren Patienten jedoch häufig eine Grenzzonenamputation erreicht werden (Grafik 4). Die Häufigkeit der Amputationen weist eine deutliche Korrelation zu den Stadien auf (Grafik 5).
In operativen Studien mit 150 bis 830 Patienten kam es nach lumbaler Sympathektomie zu einer postoperativen Mortalität von 0,5 bis sieben Prozent [6]. Hyperästhesien im Bereich des Nervus genitofemoralis oder des Nervus cutaneus femoris lateralis traten nach Operationen in fünf bis 18 Prozent auf (Grafik 6). Diese Hyperästhesien können sehr schmerzhaft sein und halten bis zu Monaten an, danach klingen sie normalerweise spontan ab. Bei zwei Prozent unserer Patienten sahen wir diese Nebenwirkung. Bei CT-gesteuerter perineuraler Infiltration des N. genitofemoralis in Höhe L3 an seinem Austritt aus dem M. psoas mit Kortison und langwirksamen Lokalanästhetika verschwinden diese Symptome nach spätestens einer Woche. Nach beidseitiger Entfernung der ersten lumbalen Ganglien kam es in der Literatur bei zwei bis neun Prozent der männlichen Patienten postoperativ zu sexuellen Störungen. Bei der CT- gesteuerten LS, die normalerweise in Höhe L5 bis L3 durchgeführt wird, sahen wir diese Nebenwirkungen nicht. Die paradoxe Gangrän, die nach der operativen LS beschrieben wurde, haben wir nach CT-gesteuerter LS nicht festgestellt. In einem Prozent wurde operativ der Ureter durchtrennt beziehungsweise entfernt, bei unseren Patienten kam es in einem Fall zu einer Ureterfistel (Grafik 7). Eine sehr gute Übersicht über Komplikationen nach Sympathektomie wurde kürzlich veröffentlicht [1].
Seit unserer ersten Publikation [9] über CT-gesteuerte lumbale Sympathektomie hat das Verfahren einen festen Platz in der Routinebehandlung der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit eingenommen. Die hohe reproduzierbare Präzision der CT mit der Möglichkeit der exakten Dokumentation der Verteilung der Medikamente auch bei pathologischer Anatomie hat bei diesem nebenwirkungsarmen Verfahren zu entscheidenden Verbesserungen der Ergebnisse geführt [8].
Über den Einsatz der LS im MRT liegen inzwischen Ergebnisse vor [7]. Hier ist das Fehlen der Strahlung insbesondere für junge Menschen mit Raynaud-Syndrom ein wichtiges Argument. Die arbiträre Schichtorientierung erweitert die intraoperativen Kontrollen, und die Flusssensitivität ermöglicht die Darstellung der Gefäße ohne Kontrastmittel. Die Ortsauflösung und geometrische Genauigkeit der CT sind der MR jedoch überlegen. Besonders die Real-Time-CT mit bewegten Bildern beschleunigt das Verfahren deutlich. Auch in der Onkologie können CT-gesteuerte Eingriffe am Sympathikus zur dauerhaften Reduktion von Schmerzen bei Tumoren eingesetzt werden. Hierbei ist gerade bei thorakalen Behandlungen darauf zu achten, dass zur Tumortherapie beziehungsweise Nervenausschaltung die Nadelspitze exakt dokumentiert wird. Schon eine versehentliche Injektion von Lokalanästhetikum in die Halsarterien kann zu ernsthaften Komplikationen mit sofortigen Krampfanfällen führen. Ein negativer Aspirationstest erlaubt keinen Rückschluss auf die Lage der Nadelspitze. Diese kann nur teilweise in das Lumen hinein ragen, wobei bei Aspiration ein ventilartiger Verschluss entsteht. Aneurysmen sind bei Fehlinjektion in die Arterienwand beschrieben worden, die Ruptur eines Gefäßes ist denkbar.
Bei lumbaler Sympathektomie unter alleiniger Durchleuchtungskontrolle sind Fehlinjektionen, zum Beispiel in den M. psoas, möglich. Die Sympathikusausschaltung ist sowohl thorakal zur Durchblutungssteigerung der oberen Extremität als auch lumbal zur Verbesserung der Durchblutung des Beins einsetzbar. Bei der CT-gesteuerten thorakalen (TS) und lumbalen Sympathikusausschaltung (LS) sind durch die Injektion von nur 1,5 bis drei Milliliter 96prozentigem Alkohol im Bereich des Grenzstrangs effektive dauerhafte Steigerung der Durchblutung bei 75 bis 80 Prozent der Patienten möglich [11]. Besonders im thorakalen Bereich setzen wir seit 1986 zur "Safe Access Technique" als Standardverfahren die CT-Steuerung ein. Dabei wird unter kontinuierlicher Kontrolle die Pleura mit Natriumchlorid-Lösung verbreitert um einen sicheren Zugang zum Grenzstrang zu gewährleisten (Abb. 10 a-c).
Eine Kombination der LS mit einer Gefäßoperation oder Angioplastie zur Verbesserung der peripheren Durchblutung wird allgemein als gute Indikation angesehen. Die Indikation zur kombinierten LS ist bei insuffizienter Ausstrombahn gegeben. Auch nach Dilatation oder perkutaner Aspirations-Thromboembolektomie im Becken-Beinbereich sollte eine LS erfolgen, wenn weiterhin eine mangelhafte Durchblutung der Unterschenkel- und Fußarterien vorliegt. Bei alleiniger LS sollte vorher eine Überprüfung des Sympathikotonus erfolgen, um den Effekt einer LS abzuschätzen. Prädiktive Tests mit Blockaden des Grenzstrangs mit Lokalanästhetikum können zur Indikationsstellung nützlich sein [5, 10]. Ein gutes Verfahren zur Abschätzung des sofortigen Erfolgs steht mit der Thermographie zur Verfügung. Bei unseren Patienten mit Ruheschmerz gelingt in 85 Prozent eine Stadienverbesserung nach Stadium II. Auch ist der Erfolg bei Stadium IV mit Abheilen von 45 Prozent der Nekrosen ermutigend [10]. Die CT-gesteuerte lumbale Sympathikusausschaltung bei peripherer arterieller Verschluss-Krankheit hat die operative lumbale Sympathektomie ersetzt.
Bei gleicher Effektivität wie beim operativen Eingriff sind die Nebenwirkungen reduziert. Auch ist bei der LS lediglich eine Lokalanästhesie notwendig. Besonders in Kombination mit einer Gefäßoperation oder Angioplastie sowie mit perkutaner Aspirations-Thromboembolektomie bei insuffizienter Ausstrombahn sind gute Einsatzmöglichkeiten für die LS gegeben. Auch als ultima ratio vor Amputationen ist die LS bei entsprechender Indikation eine wirksame Therapie, mit der es in vielen Fällen gelingt, die Amputation zu vermeiden oder eine möglichst periphere Grenzzonenamputation durchzuführen. Neben der durchblutungsteigernden Wirkung hat die LS einen schmerzreduzierenden Effekt, was durch die hohe Ansprechquote bei Patienten mit AVK im Stadium III mit Verschwinden des Ruheschmerzes belegt wird.
Zur Sympathektomie steht mit der CT-gesteuerten Sympathikusausschaltung ein schonendes und effektives Verfahren zur Verfügung, welches eine niedrige Komplikationsrate aufweist. Aufgrund der hohen Gewebedifferenzierung und der dreidimensionalen Kontrolle der Verteilung des Alkohols sollten die LS und TS wie andere Nervenausschaltungen nur unter CT- oder MR-Kontrolle erfolgen.
1. Ernst, S.; Heindel, W.; Fischbach, R.; Gawenda, M.; Langen, H.-J.; Neubauer, S.; Krahe, T.: Komplikationen der CT-gesteuerten lumbalen Sympathikolyse: Eigene Erfahrungen und Literaturübersicht. Fortschr. Röntgenstr. 168/1 (1998) 77-83
2. Haxton, H. A.: Chemical Sympathectomy. Br. Med. J. (1994) 1026-1028
3. Haaga, J.; Alfidi, R. J.: Precise biopsy localization by computed tomography. Radiologie 118 (1976) 603
4. Jaboulay, M.: Le traiment de quelques troubles trophiques du pied et la chamb par la denudation de l'artere femorale et la distension des nerfs vasculaires. Lyon Med. 91 (1899) 467-468
5. Kruse, C. A.: Thirty years experience with predictive lumbar sympathectomy. Method for selection of patients. Amer. J. Surg. 150 (1985) 232-236
6. Lemmens, H.A.J.: Sympathikus pp. in: Carstensen, G. (ed.): Intra- und postoperative Komplikationen. Berlin, Heidelberg, New York, Springer Verlag (1983) 101-109
7. Melzer, A.; Seibel, R. M. M.; Boll, D.; Schmidt, A.; Triebe, W.: MR-guided lumbar sympathectopmy.
8. Schild, H.; Grönninger, J.; Günther, R.; Thelen, M.; Schwab, R.: Transabdominelle CT-gesteuerte Sympathektomie. Fortschr. Röntgenstr. 141 (5) (1984) 504-508
9. Seibel, R. M. M.; Balzer, K.; Grönemeyer, D. H. W.: Erfahrungen mit der CT-gesteuerten Sympathektomie bei der Behandlung der peripheren AVK. Angio Arch. 17 (1989) 75-77
10. Seibel, R. M. M.; Carstensen, G.; Balzer, K.; Grönemeyer, D. H. W.; Sehnert, C.: CT-guided lumbar sympathetic trunk neurolysis for the treatment of occlusive arterial disease. In: Seibel, R. M. M.; Grönemeyer, D.: Interventional Computed Tomography. Blackwell, Oxford (1990) 211-225
11. Seibel, R. M. M.; Grönemeyer, D. H. W.: CT-guided thoracic sympathectomy. In: Seibel, R. M. M.; Grönemeyer, D.: Interventional Computed Tomography. Blackwell, Oxford (1990) 203-209
12. Swetlow, G. I. : Alcoholic injections into nerve tissue for the relief of pain. Amer. J. med. Sci. 171 (1926) 397-407
Artikel ist erschienen in "Medizin im Bild - Zeitschrift für Diagnostik, Therapie und Fortbildung", Ausgabe: 2/1998, Seite: 39 - 46